Draußen Schlafen und Gesundheit

Ein Interview mit Dr. Annette Krop-Benesch über den Einfluss des Draußen Schlafens auf unseren natürlichen Schlafrhythmus und eine Antwort auf die Frage: Ist Draußen Schlafen gesund?
Ist Draußen Schlafen gesund? Ja, vor allem bei einem solchen Blick ins Ennstal mit einem atemberaubenden Sternenhimmel, Foto von Simone Jungwirth
Blick ins Ennstal mit atemberaubendem Sternenhimmel, Foto von Simone Jungwirth

Frau Dr. Krop-Benesch, glauben Sie, dass Draußen Schlafen gesund ist?

Ja, wenn man nicht im Urlaub in den Tropen von Moskitos gestochen wird, die eine lebensbedrohliche Krankheit übertragen. Draußen Schlafen ist deshalb gesund, weil man ja frische Luft im Überfluss bekommt. Dazu erlebt man beim Draußen Schlafen einen größeren Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht. Das ist beim Drinnen Schlafen ja leider meist anders, weil viele Schlafzimmer viel zu warm sind, vor allem in Niedrigenergiehäusern, die unserem Schlaf überhaupt nicht gut tun. Was viele nämlich nicht wissen: ein deutlicher Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht ist sehr wichtig für unsere innere Uhr. Unsere innere Uhr bestimmt nämlich vor allem unseren Schlaf und die hat sich seit der Steinzeit kaum verändert, weil sie in unserem Erbmaterial festgelegt ist.

 

Wie haben unsere Vorfahren in der Steinzeit denn geschlafen?

Unsere Vorfahren haben sich den Lichtverhältnissen angepasst. In der Dunkelheit war es für sie gefährlich, unterwegs zu sein, weil sie natürlich schlechte Karten hatten, wenn sie im Dunkeln einem Säbelzahntiger begegnet wären. Also haben sie sich mit Einbruch der Dämmerung an einem geschützten Ort zum Schlafen gelegt.

Ihre innere Uhr hat dafür gesorgt, dass Melatonin ausgeschüttet wurde, und dieser Botenstoff sorgt in der Nacht für verschiedene wichtige Prozesse in unserem Körper, die tagsüber zu kurz kommen, weil die Energie im Hellen für die Jagd, das Sammeln und die Aufzucht der Kinder benötigt wurde. Nachts sorgt das Melatonin für die Abspeicherung des Erlebten im Gehirn, für die Wundheilung und andere Aktivitäten des Immunsystems und für die Regeneration unserer Gewebe – also die Zellteilung.

 

Haben unsere Vorfahren in Europa also im Winter deutlich länger geschlafen als im Sommer?

Nein, insgesamt haben sie in langen Winternächten durchschnittlich nur 20 Minuten länger geschlafen als in kurzen Sommernächten. Trotzdem sind sie in der Abenddämmerung schlafen gegangen und sind mit der Morgendämmerung aufgestanden. Aber in langen Nächten waren sie dann nachts zwischendurch wach, haben sich unterhalten oder auch Sex gehabt, um dann weiter zu schlafen. Im Sommer haben sie oft auch noch im Hellen weitergeschlafen, weil die Dunkelheit nicht ausreichend lang angehalten hat, dass alle Regenerationsprozesse im Körper abgeschlossen waren.

 

Frische Luft und Draußen Schlafen sind gesund

Aus großer Leidenschaft, unserer langen Erfahrung und durch wissenschaftliche Erkenntnisse belegt, wissen wir, dass Draußen Schlafen gesund ist. Aber es gibt noch eine Menge anderer Gründe, mal etwas ungewöhnlicher zu schlafen.

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Das heißt, unser heutiger Schlafrhythmus ist eher künstlich?

Oh ja, 8 Stunden durchzuschlafen im Winter wie im Sommer ist sehr unnatürlich und richtet sich leider nicht nach unserer inneren Uhr sondern nach der ‚gesellschaftlichen‘ Uhr. Vor allem im Winter ist das frühe Aufstehen gerade für Kinder – die ja mehr Schlaf brauchen als Erwachsene, extrem unnatürlich. In Europa ist 8 Uhr etwa der ideale Aufwachzeitpunkt. Die Schule sollte erst um 9 Uhr beginnen, aber das fordern Experten schon lange vergeblich. Übrigens zeigen aktuelle Studien auch, dass die Menschen in der Corona-Zeit im Home-Office produktiver waren als zuvor. Das führen wir vor allem darauf zurück, dass sie länger schlafen konnten, weil sie sich den Weg zum Arbeitsplatz gespart hatten.

 

Warum wachen viele Menschen auf, wenn es hell wird, obwohl die innere Uhr sie ja weiterschlafen lassen sollte?

Viele Menschen denken, dass das Licht die innere Uhr steuert. Das stimmt aber so nicht. Sonst könnten wir ja jederzeit in einem dunklen Raum einschlafen. Der Jetlag ist übrigens der beste Beleg dafür, dass das Licht nicht die allesentscheidende Rolle spielt, sondern unsere im Erbmaterial gespeicherte innere Uhr, die sich nach einer schnellen Reise nach Osten oder Westen ja nur langsam umstellt. Wir Chronobiologen interpretieren das Aufwachen bei Helligkeit als Folge einer Erwartungshaltung.

Wer davon überzeugt ist, dass er im Hellen nicht schlafen kann, wacht dann auch auf, wenn es hell wird. Wer sich aber darauf einlässt und ein paar Mal erlebt hat, dass er auch im Sommer im Hellen weiterschläft, der wird auch nach ein paar Nächten im Hellen weiterschlafen. Den Körper freut es, weil er ausreichend Zeit bekommt zu regenerieren. Übrigens ist das mit Geräuschen auch so. Wer sich darauf einlässt wird auch von frühmorgendlichem Vogelgezwitscher nicht sofort wach. Der Körper weiß ja, dass Singvögel keine Bedrohung darstellen, beim lauten aggressiven Hundebellen würde man natürlicherweise eher aufwachen.

 

Welchen Einfluss hat künstliches Licht auf unseren Schlaf?

Künstliches Licht stört den menschlichen Schlafrhythmus. Wirklich helles Licht im Haushalt gibt es erst seit etwa 100 Jahren. Davor kannten die Menschen nur schummeriges Kerzenlicht und das gelbliche Licht des Feuers. Deshalb irritiert künstliches Licht unsere Melatonin-Ausschüttung und damit unseren Tag-Nacht-Rhythmus und das ist bei Tieren genauso. Besonders betroffen sind übrigens Kinder. Sie brauchen viel Schlaf, produzieren entsprechend viel Melatonin und reagieren besonders empfindlich auf Störlicht, etwa die Straßenlaterne vor dem Fenster. Daher setze ich mich ja auch mit vielen Gleichgesinnten gegen Lichtverschmutzung ein. Hier könnte man mit einfachen Maßnahmen sehr viel tun.

 

Können Sie sich vorstellen, dass Draußen Schlafen medizinisch eingesetzt werden kann?

Ja bestimmt, es kann vor allem helfen den natürlichen Schlafrhythmus wieder herzustellen, weil beim Draußen Schlafen – natürlich ohne störendes Kunstlicht – grenzenlos frische Luft getankt wird, der natürliche Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht gefühlt wird und die Dämmerung abends und morgens miterlebt werden kann. Ein intakter Schlaf-Rhythmus macht körperlich und auch psychisch fit! Vom Draußen Schlafen würden deshalb sicherlich Menschen mit Schlafstörungen profitieren, aber auch Kur- und Burn-Out-Patienten, weil sie aus ihrem gewohnten stressigen Umfeld herausgeholt werden. Ich kann mir sogar vorstellen, dass Menschen in Altersheimen so wenigstens nachts mal an die frische Luft kämen.

Vielen Dank für das sehr aufschlussreiche Gespräch!

 

Zur Person:

Dr. Annette Krop-Benesch ist Chronobiologin also Expertin für die innere Uhr der Lebewesen. Sie beschäftigt sich vor allem mit der Wirkung von Licht und Dunkelheit auf Natur und Gesundheit.

Das Interview habe ich mit ihr telefonisch und im Rahmen des Europäischen Symposiums zum Schutz des Nachthimmels in Fulda geführt.

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